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Leseprobe „Bluternte“

(dritter Niederbayern-Krimi)

 

Wie gelähmt stand sie in der Dunkelheit, unfähig, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Obwohl die Worte noch immer in ihren Ohren dröhnten und einem Echo gleich nachhallten, hatte sie Mühe, das Gesagte zu begreifen. Alles an ihr wehrte sich dagegen, es bis zu ihrem Verstand vordringen zu lassen. Denn das hieße, diese furchtbaren Worte zu akzeptieren, aufzugeben, loszulassen. Ihre Kehle schnürte sich zusammen und sie spürte Übelkeit aufsteigen.
„Was ist los? Geht es dir nicht gut?“

Hörte sie nicht Sorge und Angst in der Stimme? Sorge um sie? Der Gedanke ließ sie Hoffnung schöpfen und sie zwang sich, tief durchzuatmen. An ihrem Handgelenk spürte sie kaltes Metall. War das nicht der beste Beweis? Ihre Augen wanderten über das vertraute Gesicht und suchten nach einem Anzeichen, dass alles nur ein Irrtum, ein böser Traum war, der jede Sekunde zu Ende sein würde.
„Morgen fährst du dorthin. Hast du mich verstanden?“

Die wenigen Worte machten alles zunichte. Nein, dieser Albtraum war noch lange nicht vorbei. Es hatte gerade erst angefangen und sie wusste nicht, ob es jemals wieder aufhören würde. Sie versuchte etwas zu sagen, aber kein Laut kam über ihre Lippen.
„Ob du mich verstanden hast?“
Jetzt klang keine Sorge mehr aus der Stimme, sondern nur noch Wut. Blanke, kalte Wut, gepaart mit tiefer Verachtung.
Doch die Augen sprachen eine andere Sprache. Wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, so hatte sie darin deutlich die Angst erkannt. Nicht Angst um sie, sondern die Angst, kurz vor dem Ziel alles zu verlieren und mit leeren Händen dazustehen. Denn nur darum war es stets gegangen. Nicht um ihr kleines, kümmerliches, unbedeutendes Leben. Wie hatte sie nur die ganze Zeit so blind sein können?

Ein nie gekanntes Gefühl von Triumph überkam sie. Triumph und … Macht. Sie würde den Preis dafür nicht allein zahlen.
„Das wirst du bereuen“, zischte sie.
Dann drehte sie sich um und rannte zu ihrem Fahrrad, das nur wenige Meter entfernt am Straßenrand stand. Die Nacht war frisch und klar und am Himmel prangte eine Mondsichel wie aus dem Bilderbuch.
„Was soll das heißen?“
„So lasse ich mich von dir nicht abspeisen. So ganz bestimmt nicht“, schrie sie, ehe sie auf ihr Fahrrad stieg.
Wie besessen trat sie in die Pedale. Weg, nur weg von hier. Ihre Wangen glühten und die Tränen, die sie solange zurückgehalten hatte, bahnten sich jetzt ungehindert ihren Weg. Der Wind blies ihr entgegen, zerrte an ihren Haaren und ihrer Kleidung. Aus ihrem Zopf begannen sich erste Strähnen zu lösen. Doch sie fuhr sich nur kurz mit der Hand über das
Gesicht und trat weiter in die Pedale.

Sie hatte das Anlassen des Motors nicht gehört. Erst als sie sich im Lichtkegel der Scheinwerfer befand, drehte sie sich um. Der Wagen fuhr dicht hinter ihr, dann scherte er aus und rollte neben ihrem Fahrrad. Das Fenster der Beifahrerseite wurde heruntergelassen.
„Jetzt warte! Wir können doch über alles reden.“
„Ich wüsste nicht worüber. Es ist alles gesagt. Du hast es nicht anders gewollt.“

Unbeirrt fuhr sie weiter. Sie würde nicht stehenbleiben. Dafür war es zu spät.
Der Wagen wurde langsamer und blieb einige Meter hinter ihr zurück. Noch einmal drehte sie sich um. Die Scheinwerfer wirkten wie Irrlichter in der Dunkelheit. Verloren, fehlgeleitet. Gleichsam eine Metapher für ihr eigenes Leben. Plötzlich lenkte sie das Fahrrad in das Parkett. Die schmalen Reifen kamen auf dem unebenen Untergrund sofort ins Trudeln. Der Lenker begann zu vibrieren und sie drohte zu stürzen. In letzter Sekunde gelang es ihr, das Gleichgewicht zu halten und auf die Straße zurückzukehren. Ihr Herz raste und ein Adrenalinschub jagte durch ihren Körper. Wie leichtsinnig, wie unachtsam von ihr. Dabei wusste sie doch, was es zu bewahren und zu beschützen galt.

In diesem Augenblick heulte der Motor laut auf und der Wagen schoss mit Vollgas die Straße entlang. Entsetzt wandte sie sich um. Die Scheinwerfer kamen immer näher. Geblendet von ihrem grellen Licht schloss sie instinktiv die Augen. Der Knall, als die Motorhaube das Fahrrad erfasste, hallte durch die Nacht.

Doch niemand hörte ihn. Niemand sah ihren schmalen Körper durch die Luft schleudern.
Sie war tot, ehe sie auf dem Asphalt aufschlug.

Leserstimmen zu „Bluternte”

„Ich lasse mich gerne mit geistreichen, spannenden und heimatlichen Motiven unterhalten, und das Buch ist beste heimatliche Unterhaltung. Man spürt die Liebe zur Heimat und das Verständnis für die Menschen, das natürlich seine Grenzen bei Habgier und kriminellen Handlungen hat. Das Ende beinhaltet Lösungen, bei denen nichts offen bleibt, die aber auch von einem geübten Krimi-Leser nicht zu erwarten sind. Ich freue mich wieder einen Höhepunkt des Bayern-Krimis gelesen zu haben.“ (Leserrezension)

 

„Das Buch ist super gut und flüssig geschrieben. Es hat seinen ganz eigenen bayerischen Scharm. Es war so spannend, dass ich es am liebsten nicht mehr aus der Hand gelegt hätte. Die Geschichte hat mich gefesselt, ich musste einfach wissen wer der Täter ist und was sich noch alles für Abgründe in dem kleinen beschaulichen Dorf auftun.“ (Leserrezension)

 

„Der Krimi „Bluternte“ ist nun schon der dritte Niederbayernkrimi mit dem Protagonisten Prof. Cornelius, der unbeabsichtigt ein jedesmal der Polizei zuvorkommt, wenn es darum geht die Kriminalfälle im kleinen Bayerischen Dorf Neukirchen zu lösen, auch wenn das für ihn so manches Mal mit einem blauen Auge ausgeht.
Karoline Eisenschenk spielt mit den Nerven des Lesers wie mit einer Geige, manchmal streicht sie sanft dahin, dann aber zupft sie beinahe aggressiv an den Saiten. Sie führt den Leser mehrfach auf falsche Fährten, wenn dieser wie die ermittelnden Beamten der Kripo glaubt schon längst auf die Lösung des Falls gekommen zu sein.
Man kann einfach nicht mehr zu lesen aufhören, bis die Enttäuschung zuschlägt, weil der Fall gelöst und das Buch aus ist.
“ (Leserrezension)

 

„Meine Meinung: Das Buch hat mich vom ersten Moment an in seinen Bann gezogen. Wie bei den beiden Vorgängerbänden, ist der Schreibstil flüssig, spannend und interessant. Man ist vom ersten Moment an mitten in der Geschichte und kann die einzelnen Handlungsstränge sehr gut nachvollziehen. Auch die Geschichte an sich ist sehr realistisch. Denn solche Ideen mit Freizeitparks haben mittlererweile sehr viele Gemeinden, um die Orte wieder interessanter zu machen. Besonders gelungen fand ich die Idee mit der Namensliste am Anfang, denn es sind schon sehr viele Personen involviert und so kann man immer wieder nachschauen, um wen es sich handelt, gerade dann wenn man die ersten beiden Teile nicht kennt.

Gregor Cornelius wird mir von Band zu Band symphatischer und ich hoffe das es noch weitere Fälle mit ihm geben wird.

Mein Fazit: Ein gelungener Krimi, den ich bedingungslos empfehlen kann, allerdings rate ich die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen.“ (Leserrezension)